Todesfalle im Bahnhof

Mindestens 61 Bombenopfer

Genau war das schon damals nicht zu ermitteln, da die Leiber der Opfer gerade in der Bahnunterführung so zerfetzt wurden, dass Köperteile unter den Trümmern kaum mehr einzelnen Opfern zugeordnet werden konnten. Die alliierten Bomberstaffeln hatten wohl das Ziel, einen Zug anzugreifen, auf dem V1-Raketen vermutet wurden, mit denen das Dritte Reich im zweiten Weltkrieg London und andere englische Industriestädte terrorisiert hatte. Nach Augenzeugenberichten hatte der Zug aber Hünfeld bereits zwei Tage vorher verlassen und stand in der Höhe von Steinbach. Andere Quellen sprechen von dem Zufallsziel zur Zerstörung der Infrastruktur im Dritten Reich.  

Der unmenschliche Terror des NS-Regimes kam an diesem kühlen und regnerischen Novembertag mit unerbittlicher Härte zurück. Es hatte zwar in den Monaten zuvor bereits häufiger Bombenalarm gegeben, allerdings flogen die dröhnenden Fliegerstaffeln über Hünfeld hinweg und warfen ihre tödliche Fracht über Städten im Osten des deutschen Reiches ab.
An diesem Tag sollte alles anders sein. Der Bahnhof war gut gefüllt mit Reisenden, Schülern, Soldaten auf Heimaturlaub, Pendler und Reisenden auf der Flucht vor den herannahenden Fronten. Als der Alarm vom Rathausdach mit schrillem Sirenengeheul ausgelöst wurde, suchten viele von Ihnen Schutz in der alten Unterführung. Zwei der Bomben trafen die Unterführung, die damit zur Todesfalle für 61 Menschen wurde. Weitere Opfer waren an der Fuldaer Straße zu beklagen, wo unter anderem die frühere Eierverwertung und die Flachsfabrik getroffen wurden. In einer Familie in einem der Wohnhäuser überlebte nur der wenige Wochen alte Säugling. Ganz überwiegend waren Zivilisten Opfer des entsetzlichen Grauens.

Die Wucht der 30 Tonnen Bombenlast lies Fenster und Schaufensterscheiben auch in der Innenstadt zerbersten, die Haunewiesen wurden im Bahnhofsumfeld zu einer einzigen Kraterlandschaft.

Verzweifelt versuchten Helfer oft mit bloßen Händen die verschütteten Opfer zu bergen in der Hoffnung, noch auf Lebende zu treffen. Doch die Hoffnung erfüllte sich am Bahnhof nicht. Der Krieg, der bereits an den Fronten viele Väter und Söhne das Leben gekostet hatte, traf nun mit grausamer Unerbittlichkeit auch die Heimat. Ein Krieg, der in deutschem Namen in die Welt getragen worden war, kehrte zurück.

Die alte Unterführung wurde im Zuge des Bahnhofsumbaus 2013 verfüllt und 2014 durch die neue Unterführung ersetzt. Allerdings blieb die Gedenktafel an dem neuen Standort erhalten und wurde durch eine weitere Tafel ergänzt. Sie erinnert an die Opfer des Todesmarsches der KZ-Häftlinge der Frankfurter Adler-Werke, die in Hünfeld zum Weitertransport in die Vernichtungslager verladen wurden.  

Zu einer Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des verheerenden Bombenangriffs auf den Hünfelder Bahnhof lädt der Magistrat für Donnerstag, 21. November, 17 Uhr in die Unterführung ein. Auch das Konrad-Zuse-Museum ist an diesem Tag von 15 bis 18 Uhr geöffnet mit seiner Ausstellung zu diesem Thema geöffnet.